Die Zyklentheorie im Kryptomarkt: Was ist dran?

Author

Gianluca Jahn

Stand: 18. Januar 2025

Was sind zyklische Assets?

Zyklische Assets sind Anlageklassen, deren Wert stark von wirtschaftlichen oder politischen Zyklen beeinflusst wird. Ein bedeutender Faktor sind politische Legislaturperioden, insbesondere in den USA, da Regierungswechsel oft direkte Auswirkungen auf verschiedene Sektoren haben.

Die US-Politik wechselt regelmäßig zwischen demokratischen und republikanischen Regierungen, was verschiedene Branchen beeinflusst. Während Demokraten tendenziell sozial- und wirtschaftspolitische Reformen anstreben, setzen Republikaner oft auf Deregulierung und steuerliche Anreize für Unternehmen. Dies führt zu Marktbewegungen in verschiedenen Sektoren.

Ein Beispiel ist die Cannabis-Industrie, die stark von regulatorischen Entscheidungen abhängt. Demokratische Regierungen fördern häufig die Legalisierung, was zu steigenden Aktienkursen führt, während republikanische Regierungen strengere Regulierungen befürworten können. Weitere Beispiele umfassen:

  • Energiebranche: Fossile Brennstoffe profitieren oft von republikanischen Regierungen, während Demokraten erneuerbare Energien fördern.
  • Verteidigungsindustrie: Steigt in Zeiten konservativer Regierungen mit erhöhter Militärfinanzierung.
  • Infrastruktur- und Bauwesen: Demokratische Regierungen investieren häufig in große Infrastrukturprogramme.

Krypto-Zyklen

Die zyklische Natur von Kryptowährungen, insbesondere von Bitcoin, ergibt sich maßgeblich aus den Halving-Zyklen. Diese Zyklen beeinflussen das Angebot von Bitcoin und haben oft starke Auswirkungen auf den gesamten Kryptomarkt.

Was ist das Bitcoin Halving?

Das Bitcoin Halving ist ein Ereignis, das ungefähr alle vier Jahre stattfindet (genauer: alle 210.000 Blöcke). Dabei wird die Belohnung, die Miner für das Finden eines neuen Blocks erhalten, halbiert.

  • Ursprünglich (2009) lag die Block-Belohnung bei 50 BTC.
  • Nach dem ersten Halving (2012) sank sie auf 25 BTC.
  • Nach dem zweiten Halving (2016) sank sie auf 12,5 BTC.
  • Nach dem dritten Halving (2020) sank sie auf 6,25 BTC.
  • Nach dem vierten Halving (2024) sank sie auf 3,125 BTC.
Eine tabellarische Übersicht der Bitcoin-Halvings. Quelle: coindcx.com

Eine tabellarische Übersicht der Bitcoin-Halvings. Quelle: coindcx.com

Dieses System ist in Bitcoins Code festgelegt und sorgt dafür, dass die maximale Menge von 21 Millionen BTC nie überschritten wird. Das letzte Bitcoin wird voraussichtlich um das Jahr 2140 herum geschürft.

Wie beeinflussen die Halving-Zyklen den Bitcoin-Preis?

Das Halving führt zu einer Reduzierung des neuen Angebots an Bitcoin. Wenn die Nachfrage gleich bleibt oder steigt, führt dies oft zu einem Preisanstieg. Das Muster wiederholt sich historisch in mehreren Phasen:

  • Vor dem Halving: Der Markt beginnt zu spekulieren, dass das reduzierte Angebot den Preis steigen lassen wird. Investoren kaufen BTC im Voraus, was zu einem allmählichen Preisanstieg führt.
  • Nach dem Halving: Kurzfristig gibt es oft Unsicherheiten, da Miner sich an die neuen, niedrigeren Belohnungen anpassen müssen.
  • Bull Run: Etwa 6–12 Monate nach dem Halving kommt es oft zu einem massiven Bullenmarkt, auch Bull Run genannt, da das reduzierte Angebot auf eine steigende Nachfrage trifft.
  • Krypto-Winter: Nach einer Überhitzung des Marktes folgt eine größere Korrektur oder ein Bärenmarkt, auch Krypto-Winter genannt, bis sich ein neuer Boden bildet und der Zyklus von vorne beginnt.

Warum beeinflusst Bitcoin den gesamten Kryptomarkt?

Bitcoin ist die Leitwährung des Kryptomarktes und beeinflusst fast alle anderen Kryptowährungen. Wenn BTC steigt, fließt Kapital in den gesamten Markt, was Altcoins oft mit nach oben zieht. Umgekehrt ziehen BTC-Korrekturen oft den gesamten Markt nach unten.

Das Bitcoin-Halving wird oft als der Hauptauslöser für Krypto-Zyklen betrachtet, doch in Wahrheit fungiert es eher als Katalysator für verstärkte Preisbewegungen. Durch die Verknappung des Angebots entsteht zwar ein deflationärer Druck, doch der eigentliche Treiber eines Bull Runs sind institutionelle Investoren und die zunehmende Akzeptanz von Bitcoin und anderen Kryptowährungen durch Unternehmen.

Sobald das Halving das Narrativ eines bevorstehenden Preisanstiegs verstärkt, springen vermehrt institutionelle Anleger auf den Markt auf, was wiederum weitere Käufer anzieht. Diese Kaufkaskade führt schließlich zu dem explosiven Wachstum, das als Bull Run bekannt ist.

Bitcoin Rainbow Chart

Der Bitcoin Rainbow Chart ist ein beliebtes Instrument zur Visualisierung der langfristigen Kursentwicklung von Bitcoin. Sie ist eine farbcodierte logarithmische Preiskurve, die den langfristigen Bitcoin-Preisverlauf auf einer logarithmischen Skala darstellt. Sie nutzt verschiedene Farbzonen, um potenzielle Marktphasen zu visualisieren, von überverkauften Bereichen (blau) bis hin zu überhitzten spekulativen Blasen (rot).

Der Bitcoin Rainbow Chart, ein beliebtes Instrument zur Visualisierung der langfristigen Kursentwicklung von Bitcoin. Quelle: blockchaincenter.net

Der Bitcoin Rainbow Chart, ein beliebtes Instrument zur Visualisierung der langfristigen Kursentwicklung von Bitcoin. Quelle: blockchaincenter.net

Die Y-Achse stellt den Bitcoin-Preis auf einer logarithmischen Skala dar. Das bedeutet, dass die Preisachse nicht linear, sondern exponentiell skaliert ist. Warum logarithmisch? Ganz einfach: Bitcoin wächst nicht linear, sondern eher in exponentiellen Wellenbewegungen. Logarithmische Skalierung hilft dabei, extreme Preisschwankungen in frühen Phasen nicht zu stark zu gewichten und ermöglicht eine bessere Visualisierung langfristiger Trends.

Was ist ein Bullrun?

Ein Bullrun im Kryptosektor bezeichnet eine Marktphase, in der die Preise von Kryptowährungen über einen längeren Zeitraum hinweg stark steigen. Diese Phase ist gekennzeichnet durch hohes Handelsvolumen, steigende Marktkapitalisierung und eine zunehmende Marktbegeisterung.

Ein klassisches Merkmal eines Bullruns ist die steigende FOMO (Fear of Missing Out), also die Angst, eine große Gewinnchance zu verpassen. Dies führt dazu, dass immer mehr Privatanleger und institutionelle Investoren in den Markt einsteigen, wodurch die Nachfrage steigt und die Preise weiter in die Höhe schießen. Während eines Bullruns durchlaufen Kryptowährungen oft mehrere Wachstumsphasen: Zunächst kaufen Early Adopters und institutionelle Anleger, dann folgen Medienberichte und eine breite Öffentlichkeit, die den Hype weiter verstärkt. Schließlich kommt es zu einer parabolischen Preisexplosion, in der viele neue Projekte entstehen, oft auch solche mit zweifelhaften Fundamentaldaten, die lediglich auf Spekulation basieren.

Der Bitcoin-Bullrun aus dem Jahre 2017, als Bitcoin von unter 1.000 USD auf fast 20.000 USD stieg. Quelle: coindesk.com

Der Bitcoin-Bullrun aus dem Jahre 2017, als Bitcoin von unter 1.000 USD auf fast 20.000 USD stieg. Quelle: coindesk.com

Ein berühmtes Beispiel für einen Bullrun war der Zyklus von 2017, als Bitcoin von unter 1.000 USD auf fast 20.000 USD stieg, begleitet von einer massiven Altcoin-Rallye. Ein weiteres Beispiel ist der 2020–2021 Bullrun, der durch verstärkte institutionelle Käufe (z. B. durch Unternehmen wie Tesla oder MicroStrategy), den DeFi-Boom und das wachsende Interesse an NFTs (Non-Fungible Tokens) befeuert wurde. Ein Bullrun endet in der Regel mit einer Blasenbildung, bei der viele überbewertete Projekte kollabieren und eine Marktkorrektur einsetzt, die den Beginn eines Bärenmarktes oder Krypto-Winters markiert.

Was ist ein Krypto-Winter?

Ein Krypto-Winter ist die entgegengesetzte Marktphase zum Bullrun und beschreibt eine längere Periode von fallenden oder stagnierenden Preisen im Kryptomarkt. Diese Phase tritt oft nach dem Platzen einer spekulativen Blase ein und ist durch geringes Handelsvolumen, sinkende Marktaktivität, geringes Anlegerinteresse und negative Marktstimmung geprägt.

Während eines Krypto-Winters werden viele spekulative Projekte aufgegeben, Investitionen trocknen aus und auch institutionelle Anleger ziehen sich teilweise aus dem Markt zurück. Ein Krypto-Winter ist oft durch eine Mischung aus technischen, ökonomischen und regulatorischen Faktoren bedingt. Nach einem Bullrun ziehen sich viele kurzfristige Spekulanten zurück, und das Überangebot an Coins trifft auf eine sinkende Nachfrage. Gleichzeitig können externe Faktoren wie wirtschaftliche Krisen, Zinserhöhungen durch Zentralbanken oder striktere Regulierungen die Marktstimmung weiter verschlechtern.

Ein klassisches Beispiel war der Krypto-Winter von 2018–2019, der auf den Hype von 2017 folgte. Während dieser Phase fiel Bitcoin von 20.000 USD auf etwa 3.000 USD, und viele Altcoins verloren bis zu 90 % ihres Wertes. Auch der Krypto-Winter 2022–2023 war geprägt durch das Platzen mehrerer großer Projekte (z. B. Terra/LUNA), den Kollaps von Krypto-Börsen wie FTX und eine restriktivere Geldpolitik der Zentralbanken.

Ein Krypto-Winter kann mehrere Jahre dauern und bietet daher jede Menge Chancen für langfristige Investoren. Während dieser Phase reift der Markt, schlechte Projekte verschwinden und Innovationen wie DeFi, Layer-2-Skalierung oder institutionelle Adoption bereiten den Boden für den nächsten Bullrun. Historisch gesehen hat jeder Krypto-Winter bisher eine Grundlage für den nächsten großen Aufschwung geschaffen, da starke Projekte überleben und neue Technologien entstehen.

Die Altcoin-Season

Die Altcoin-Season ist eine Phase, in der Altcoins, also alternative Kryptowährungen zu Bitcoin, stärker steigen als Bitcoin. Diese Phasen treten meist am Ende eines Bullruns auf, wenn Anleger nach höheren Renditen suchen und Kapital von Bitcoin in Altcoins umschichten.

Bitcoin Dominance

Die Bitcoin-Dominance misst den Anteil von Bitcoin an der gesamten Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen und dient als Indikator für das Verhältnis zwischen Bitcoin und den sogenannten Altcoins (alternative Kryptowährungen). Historisch gesehen erreichte die Bitcoin-Dominance in den frühen Jahren des Kryptomarktes nahezu 100 %, da Bitcoin die erste und lange Zeit einzige bedeutende Kryptowährung war. Mit der Einführung und dem Wachstum zahlreicher Altcoins begann die Dominance jedoch zu sinken.

In der Vergangenheit gab es Phasen, in denen die Bitcoin-Dominance Spitzenwerte von etwa 70 % erreichte, gefolgt von Rückgängen in Bereiche um die 40 %. Ein solcher Zyklus war beispielsweise im Jahr 2017 zu beobachten. Während des Bullenmarktes stieg die Bitcoin-Dominance zunächst auf über 70 %, da Investoren primär in Bitcoin investierten. Mit der Zeit flossen jedoch vermehrt Gelder in Altcoins, die oft höhere Renditen versprachen, was zu einem Rückgang der Bitcoin-Dominance führte. Dieser Prozess markierte den Beginn einer sogenannten Altcoin-Season, einer Phase, in der Altcoins gegenüber Bitcoin überdurchschnittlich an Wert gewinnen.

Die prozentuale Bitcoin-Dominanz, mit markierten Zyklus-Hochs um 70% herum. Quelle: TradingView.com

Die prozentuale Bitcoin-Dominanz, mit markierten Zyklus-Hochs um 70% herum. Quelle: TradingView.com

Der Zusammenhang zwischen Bitcoin-Dominance und Altcoin-Season lässt sich durch die Verteilung der Liquidität im Kryptomarkt erklären. In Phasen hoher Bitcoin-Dominance konzentriert sich das Kapital hauptsächlich auf Bitcoin, was oft mit einer konservativeren Marktstimmung einhergeht. Sobald Investoren jedoch bereit sind, höhere Risiken einzugehen, beginnen sie, in Altcoins zu investieren, die potenziell höhere Renditen bieten, aber auch volatiler sind. Dieses Umschichten des Kapitals führt zu einem Anstieg der Altcoin-Preise und einem relativen Rückgang der Bitcoin-Dominance.

Potenzieller Einfluss von Reserven und größerer Akzeptanz auf zyklische Natur

Die zunehmende Akzeptanz von Kryptowährungen durch Unternehmen, Finanzinstitute und Regierungen sowie der Aufbau von Reserven in Bitcoin und anderen digitalen Assets könnten langfristig einen erheblichen Einfluss auf die zyklische Natur des Kryptomarktes haben. Traditionell durchlaufen Kryptowährungen starke Boom- und Bust-Zyklen, die oft durch spekulative Übertreibungen und anschließende Korrekturen geprägt sind. Wenn jedoch immer mehr Unternehmen und Institutionen Kryptowährungen als Teil ihrer Finanzreserven halten, könnte dies zu einer stärkeren Marktstabilität führen.

Große Akteure wie MicroStrategy, Tesla und sogar Nationen wie El Salvador haben bereits Bitcoin in ihre Bilanzen aufgenommen, was zeigt, dass Krypto zunehmend als Wertspeicher und nicht nur als spekulatives Asset betrachtet wird.

Allerdings bleibt abzuwarten, ob diese Entwicklung tatsächlich zu einer Glättung der Krypto-Zyklen führt oder ob die Marktdynamik lediglich in längere, aber dennoch ausgeprägte Bullrun und Krypto-Winter übergeht. Sollte die Akzeptanz weiter steigen und Kryptowährungen in Form einer Strategic Crypto Reserve, wie sie die USA erst kürzlich vorgestellt hat, als ernstzunehmende Finanzreserven genutzt werden, könnte der Markt langfristig weniger spekulativ und stärker fundamental getrieben sein, was auch die zyklische Natur von Kryptowährungen beeinflussen könnte.

Der Superzyklus

Ein Superzyklus im Krypto-Sektor ist eine Theorie, die besagt, dass Bitcoin und andere Kryptowährungen möglicherweise einen langfristigen, überdurchschnittlich starken Aufwärtstrend erleben könnten, der die typischen Bullrun und Krypto-Winter durchbricht oder stark abschwächt. Normalerweise durchläuft der Kryptomarkt ja etwa alle vier Jahre eine Abfolge aus diesen Bull- und Bear-Märkten, oft ausgelöst durch das Bitcoin-Halving.

Ein Superzyklus würde jedoch, ähnlich, wie wir es einen Absatz zuvor erst besprochen hatten, bedeuten, dass die steigende institutionelle Akzeptanz, makroökonomische Entwicklungen und zunehmende Adoption dazu führen, dass Bitcoin und Kryptowährungen kontinuierlich an Wert gewinnen, ohne dass es zu massiven Korrekturphasen wie in früheren Zyklen kommt.

Ein möglicher Treiber eines Superzyklus wäre eine starke globale Nachfrage nach einem alternativen Wertspeicher, insbesondere angesichts steigender Inflation, Vertrauensverlust in Fiat-Währungen oder geopolitischer Unsicherheiten. Wenn Unternehmen, Staaten und große Investoren in großem Stil Bitcoin akkumulieren und langfristig halten, könnte dies das Verkaufsangebot drastisch verringern, was zu einem anhaltenden Preisanstieg führen könnte. Gleichzeitig würde eine umfassende Regulierung und Integration in traditionelle Finanzsysteme den Markt stabilisieren und Zyklen abschwächen.

🤔 Der Superzyklus ist (vorerst) ein theoretisches Konzept

Ob und wann wir einen solchen Superzyklus sehen, bleibt jedoch zunächst ungeklärt.

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