Fortgeschrittenen Marktanalytik im Bereich Kryptowährungen

Author

Gianluca Jahn

Stand: 18. Januar 2025

Zusätzlich zu den üblichen Verdächtigen der KPIs (Key Performance Indicators) an der herkömmlichen Börse gibt es aufgrund der Blockchain-Natur von Kryptowährungen einige neue Indikatoren, die teils Einblick in die kurz- und teils in die langfristige Entwicklung der Kryptowährung geben. Einige davon möchten wir in diesem Artikel betrachten.

Liquidity Heatmap

Um die Bedeutung einer Liquidity Heatmap zu verstehen, müssen wir uns zunächst anschauen, was eine Liquidation im Kontext von Kryptowährungen bedeutet. Der Kauf von Kryptowährungen selbst findet schließlich außerhalb von vertraglichen Bindungen und Hebeln bzw. Margin-Konten statt, sodass eigentlich keine Liquidation - also Auflösung der Position - stattfinden kann.

Eine Bitcoin Liquidity Heatmap mit Clustern ober- und unterhalb des üblichen Kursniveaus. Quelle: CoinGlass

Eine Bitcoin Liquidity Heatmap mit Clustern ober- und unterhalb des üblichen Kursniveaus. Quelle: CoinGlass

Zusätzlich zu den herkömmlichen Kryptowährungen selbst hat sich in der Krypto-Szene jedoch der Trend durchgesetzt, über Hebelprodukte - auch Derivate genannt - mithilfe von Fremdkapital auf Trends in der Preisentwicklung von Kryptowährungen zu setzen.

Da hier mit Fremdkapital gehandelt wird und demnach mehr verloren werden kann, als der Trader selbst investiert hat, wäre hier tendenziell ein sogenannter "Margin Call" möglich. Ein Margin Call findet dann statt, wenn die Position so weit im Minus steht, dass das investierte Eigenkapital des Traders aufgebraucht ist und er sich in der Nachschusspflicht frischen Kapitals befindet, um diese Position aufrecht zu erhalten.

Herkömmliche Shorts

Im Zuge eines herkömmlichen Short-Trades außerhalb von modernen, synthetischen Hebelprodukten ist es gängig, sich den zu shortenden Basiswert bei einem Lender, zu deutsch dem Verleiher, auszuleihen und diesen sofort zu veräußern. Diese Veräußerung nimmt man vor, da man auf fallende Preise bei diesem Basiswert spekuliert und sich das Ziel setzt, besagten Wert zu einem niedrigeren Preis zurückzukaufen. Die Differenz aus Verkaufs- und Rückkaufspreis behält der Trader - abzüglich geringer Leihgebühren an den Lender - als Gewinn.

Wenn wir nun unser Augenmerk noch einmal auf den eben genannten Margin Call richten, stellen wir fest, dass das Erreichen dieser Margin Call-Schwelle die Verpflichtung des Traders, den Wert nun teurer zurückzukaufen, zur Folge hat.

💡 Wir halten also fest:

Das Erreichen der Liquidationszone eines Short-Trades hat zur Folge, dass der Trader die Kryptowährung zurückkaufen muss, was den Preis nach oben treibt. Das Erreichen der Liquidationszone eines Long-Trades hat zur Folge, dass der Trader die geliehene Kryptowährung im Verlust verkaufen und den Lender aus privatem Kapital zurückbezahlen muss, was den Kurs nach unten treibt.

Wie hängt das mit der Liquidation Heatmap zusammen?

Eine Liquidation Heatmap sammelt all diese Liquidationszonen von sowohl Short- als auch Long-Trades und zeigt über Farbcodes an, wo sich viele dieser Liquidationszonen von Tradern bündeln. Cluster, an denen besonders viele Trades liquidiert werden, nennen sich manchmal "Magnetzonen".

Magnetzonen

Um zu verstehen, wieso Cluster, an denen sich Liquidationszonen vieler Trader bündeln, als Magnetzonen bezeichnet werden, betrachten wir ein einfaches Beispiel:

Bitcoin steht bei 85.000$. Aktuell gehen noch viele Trader davon aus, dass wir deutlich tiefer fallen. Sie setzen deshalb auf Short Trades. Da der Markt sich dieser Spekulation auf fallende Kurse ziemlich einig ist, liegen nun Liquidationsgrenzen von Trades mit einem Gesamtvolumen von 200.000.000$ an der Grenze zu 95.000$ pro Bitcoin.

Wird diese Grenze jedoch erreicht, werden all diese Trades in Höhe von 200.000.000$ geschlossen und die "verkauften Coins" müssen nachgekauft werden. Diese erhöhte Nachfrage treibt den Preis nur noch weiter nach oben.

💡 Wir merken uns:

Eine Magnetzone erhält ihren Namen also daher, dass ein Kurssprung auf ihr Niveau ein Lauffeuer von Transaktionen verursacht, die den Kurs nur noch weiter dazu "antreiben", seinen Marsch in die selbe Richtung fortzusetzen.

Beeinflussung der Kurse durch Market Maker

Insbesondere in tendenziell unregulierten Marktumfeldern wie der Krypto-Branche erscheint es naheliegend, diese temporäre Vorhersehbarkeit der Preisentwicklung bei Erreichen von Liquidationsclustern für sich zu nutzen. Das ist nicht meine Meinung sondern ein Trend, der sich bei "Walen" - also größeren Investoren - bzw. Market Makern durchgesetzt hat.

Liegen beispielsweise große Liquiditätscluster unter oder über dem aktuellen Kurs, so werden diese gern von großen Akteuren über massive Käufe oder Verkäufe ins Visier genommen. Wale eröffnen Positionen, die davon profitieren, dass der Kurs sich in Richtung der Liquiditätscluster bewegt. Der Kurs wird gedrückt, bis er die Liquidationsgrenze erreicht, extendiert daraufhin noch weiter in diese Richtung und die Wale verkaufen ihre zuvor aufgebauten, kurzfristigen Positionen wieder ab.

Dieses "Abfischen" der Liquiditätscluster ist in den letzten Jahren und Monaten zu gängiger Praxis geworden.

Insights durch Liquidity Heatmaps

Liquidity Heatmaps sind nur bedingt bis gar nicht in der Lage dazu, langfristige Marktentwicklungen zu prognostizieren. Das liegt schlicht und einfach daran, dass sie nur das Sentiment kurzfristig angebundener Trader auffassen. Liquidity Heatmaps eignen sich jedoch hervorragend für:

  • Das Einsehen von Markterwartungen: ein größeres Liquiditätscluster oberhalb aktueller Kurse spricht hier für die Prognose des Marktes auf fallende Kurse, ein größeres Liquiditätscluster unterhalb aktueller Kurse spricht für die Erwartung steigender Kurse
  • Das Einsehen von Trendzonen: Steht der Kurs kurz davor, ein großes Liquiditätscluster zu erreichen, lässt sich der kurzfristige Trend durch den "Magnetfaktor" dieser Zone leicht ablesen
  • Das Einordnen größerer Marktbewegungen: Bewegt sich der Kurs wider Erwartens zügig in Richtung eines Liquiditätsclusters, liegt die Vermutung nahe, dass diese Bewegung nicht nachhaltig sondern nur des Abfischens dieses Clusters durch Wale und Market Maker dient

Relative Strength Index (RSI)

Der Relative Strength Index (RSI) ist einer der am häufigsten verwendeten technischen Indikatoren zur Analyse von Kryptowährungen. Er hilft Tradern und Investoren, mögliche Überkauft- oder Überverkauft-Zustände eines Marktes zu identifizieren, was zur Bestimmung von Kauf- oder Verkaufssignalen genutzt werden kann.

Eine Darstellung des RSI von Bitcoin über die Jahre seit Bestehen. Quelle: Bitbo

Eine Darstellung des RSI von Bitcoin über die Jahre seit Bestehen. Quelle: Bitbo

Überkaufte Märkte (Overbought)

Eine Kryptowährung wird als überkauft bezeichnet, wenn der Kurs übermäßig gestiegen ist und es keine ausreichende Unterstützung durch die zugrunde liegende Fundamentaldaten oder Marktbedingungen gibt. Der Markt könnte übermäßig optimistisch sein und die Preise sind möglicherweise 'zu hoch'.

Wenn der RSI einen Wert von über 70 erreicht, wird der Markt für gewöhnlich als überkauft angesehen. Das bedeutet, dass die Nachfrage nach dem Wertpapier so stark war, dass der Preis möglicherweise zu hoch ist, was zu einer möglichen Korrektur oder einem Rückgang führen könnte.

💸 Zeit für Gewinnmitnahmen

Hier bietet es sich für uns oftmals an, Gewinne mitzunehmen oder unsere Positionen zumindest in Teilen abzubauen.

Überverkaufte Märkte (Oversold)

Eine Kryptowährung wird als überverkauft bezeichnet, wenn der Kurs stark gefallen ist und das Angebot die Nachfrage übersteigt. Es könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Markt übermäßig pessimistisch ist und der Preis möglicherweise zu niedrig ist.

Wenn der RSI nun einen Wert von unter 30 erreicht, wird der Markt für gewöhnlich als überverkauft angesehen. Das bedeutet, dass der Verkaufsdruck so stark war, dass der Preis möglicherweise zu niedrig ist, was zu einer möglichen Umkehrung oder einem Preisanstieg führen könnte.

🛍️ Zeit für erneute Tranchenkäufe

Hier bietet es sich für uns oftmals an, unsere Positionen per DCA aufzustocken und nachzukaufen, um von den günstigen Marktbedingungen zu profitieren, sobald der Markt sich wieder einem realistischen RSI-Niveau nähert.

Moving Average (Gleitender Durchschnitt)

Ein Moving Average (zu deutsch gleitender Durchschnitt) ist ein statistisches Konzept, das in der Zeitreihenanalyse und in der Finanzwelt verwendet wird, um den Durchschnittswert einer Datenreihe – in unserem Fall eines Kurses – über einen bestimmten Zeitraum zu berechnen. Ziel ist es, Schwankungen in den Daten zu glätten und den zugrunde liegenden Trend oder das Muster leichter erkennbar zu machen.

Der gleitende Durchschnitt wird berechnet, indem man den Durchschnitt der letzten x Datenpunkte bildet. Wenn du also bspw. einen 10-tägigen gleitenden Durchschnitt für den Kurs einer Kryptowährung berechnen möchtest, addierst du die letzten 10 Tagesdurchschnitte und teilst diese Summe durch 10.

Der gleitende Durchschnitt wird für gewöhnlich im Zusammenhang mit dem MACD verwendet, den wir uns im nächsten Abschnitt einmal genauer anschauen, kommt allerdings auch oft bei Bollinger Bands zum Einsatz, welche ähnlich zum RSI dem Zweck dienen, über- und unterverkäufte Märkte zu identifizieren.

Exponential Moving Average (EMA)

Der exponentielle gleitende Durchschnitt gibt den neuesten Datenpunkten (Tagesdurchschnitten im Fall von Kryptowährungen, Schlusskursen im Fall von Aktien) mehr Gewicht, was bedeutet, dass er schneller und intensiver auf aktuelle Änderungen reagiert. Im Gegensatz zum SMA (dem Simple Moving Average, den wir gerade betrachtet haben), bei dem jeder Wert im Zeitraum den gleichen Einfluss hat, wird im EMA die Berechnung so angepasst, dass neuere Werte stärker berücksichtigt werden.

MACD (Moving Average Convergence-Divergence)

Der MACD (Moving Average Convergence Divergence) ist ein weit verbreitetes technisches Analysewerkzeug, das in der Finanzwelt, einschließlich der Kryptowährungen, zur Identifizierung von Trends und Handelssignalen verwendet wird. Der MACD basiert auf der Idee von gleitenden Durchschnitten (Moving Averages) und wird genutzt, um Veränderungen in der Stärke, Richtung, Dauer und Geschwindigkeit eines Trends zu erkennen.

Der Preis, MACD und die Signal-Linie von Bitcoin gegeneinander gemappt. Quelle: Bitbo

Der Preis, MACD und die Signal-Linie von Bitcoin gegeneinander gemappt. Quelle: Bitbo

Der MACD setzt sich aus drei Hauptkomponenten zusammen:

MACD-Linie

Die MACD-Linie wird berechnet, indem der 26er-EMA vom 12er-EMA subtrahiert wird. Die MACD-Linie ist also die Differenz zwischen zwei gleitenden Durchschnitten:

Der 12-Perioden-EMA (Exponentieller Gleitender Durchschnitt) ist der „schnellere“ Durchschnitt, da er weniger Datenpunkte (Tage) beinhaltet und so stärker auf aktuelle Preisänderungen reagiert.

Der 26-Perioden-EMA ist „langsamer“, da er mehr Datenpunkte beinhaltet und einen längeren Zeitraum der Vergangenheit betrachtet. Dieser reagiert deshalb weniger schnell auf Preisbewegungen.

Die Formel für die MACD-Linie sieht also wie folgt aus:

MACDLinie=EMA(12)EMA(26)MACD-Linie =EMA(12)−EMA(26)


Wenn die MACD-Linie positiv ist (also über Null liegt), bedeutet das, dass der kurzfristige EMA (12) über dem langfristigen EMA (26) liegt. Das deutet darauf hin, dass der Kurs steigt und ein Aufwärtstrend stärker wird.

Wenn die MACD-Linie negativ ist (unter Null), bedeutet das, dass der kurzfristige EMA (12) unter dem langfristigen EMA (26) liegt. Das signalisiert einen Abwärtstrend.

Im Allgemeinen wird die MACD-Linie aber nie als einzelner Tageswert zur Analyse verwendet. Sie wird viel eher in Zusammenhang mit der Signal-Linie verwendet.

Signal-Linie

Die Signal-Linie stellt den EMA (Exponential Moving Average) der MACD-Linie der letzten 9 Perioden (bspw. also wieder Tagen) dar. Diese Linie dient dazu, die MACD-Linie zu glätten und Kauf- oder Verkaufssignale zu generieren. Sie zeigt an, ob der Trend stärker wird oder sich abschwächt.

Mathematisch bedeutet das:

SignalLinie=EMA(9)Signal-Linie = EMA (9) derder MACDLinieMACD-Linie


Histogramm

Das Histogramm ist die Differenz zwischen der MACD-Linie und der Signal-Linie.

Wenn die MACD-Linie über der Signal-Linie liegt, wird das Histogramm positiv (grün). Liegt die MACD-Linie unter der Signal-Linie, wird das Histogramm negativ (rot).

Erkenntnisse aus dem MACD

Der MACD wird im Weitesten Sinne dazu verwendet, Trends zu erkennen und deren weiteren Verlauf zu prognostizieren. Ein Kaufsignal entsteht, wenn die MACD-Linie die Signal-Linie von unten nach oben schneidet. Das zeigt, dass sich der Trend nach oben drehen könnte. Ein Verkaufssignal entsteht, wenn die MACD-Linie die Signal-Linie von oben nach unten schneidet. Dies deutet darauf hin, dass der Trend nach unten gehen könnte. Das Histogramm zeigt, wie stark der Trend ist. Wenn es wächst, ist der Trend stärker, wenn es schrumpft, könnte der Trend schwächer werden oder sich umkehren.

On-Chain Metriken

On-Chain Metriken sind Kennzahlen, die aus der Blockchain selbst stammen und dabei helfen, das Verhalten von Marktteilnehmern, Netzwerknutzung und mögliche Preisentwicklungen von Kryptowährungen zu analysieren. Sie basieren auf öffentlich verfügbaren Daten, die direkt aus der Blockchain ausgelesen werden können.

Active Adresses

Die aktiven Adressen sind eine der wichtigsten On-Chain Metriken, um das Engagement der Nutzer zu messen. Eine aktive Adresse ist eine Wallet-Adresse, die in einem bestimmten Zeitraum mindestens einmal eine Transaktion durchgeführt hat. Je mehr aktive Adressen es gibt, desto mehr Nutzer beteiligen sich am Netzwerk.

Die Menge aktiver Wallet-Adressen von Bitcoin über die letzten Jahre, gemappt gegen den Preis. Quelle: CryptoQuant

Die Menge aktiver Wallet-Adressen von Bitcoin über die letzten Jahre, gemappt gegen den Preis. Quelle: CryptoQuant

Diese Kennzahl ist besonders hilfreich, um festzustellen, ob eine Kryptowährung tatsächlich wächst oder ob ihr Anstieg lediglich durch Spekulation getrieben wird. Zum Beispiel kann eine hohe Preissteigerung, die nicht von einem gleichzeitigen Anstieg der aktiven Adressen begleitet wird, ein Warnsignal für eine mögliche Blase sein. Ebenso kann ein Rückgang der aktiven Adressen bedeuten, dass weniger Nutzer die Blockchain verwenden, was auf eine abnehmende Akzeptanz hindeuten könnte.

Transaktionsvolumen

Das Transaktionsvolumen misst die Gesamtmenge an Coins oder Token, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums im Netzwerk transferiert wurden. Es zeigt, wie aktiv eine Blockchain genutzt wird und kann Hinweise auf Marktbewegungen geben. Ein hohes Transaktionsvolumen bedeutet oft eine gesteigerte Handelsaktivität oder eine größere Akzeptanz der Kryptowährung. Besonders wichtig ist, ob das Volumen eher von kleinen Einzeltransaktionen oder von großen Wallets (Whales) stammt.

Institutionelle In- und Outflows

In- und Outflows im Zusammenhang mit institutionellen Investitionen bezeichnen die Kapitalströme, die in oder aus Kryptowährungsprodukten wie Exchange Traded Funds (ETFs) fließen. Diese Ströme sind ein wichtiger Indikator für die Marktstimmung und können die Preisentwicklung einer Kryptowährung erheblich beeinflussen. Wenn institutionelle Investoren (wie Hedgefonds, Pensionsfonds oder Banken) Kapital in einen Bitcoin- oder Krypto-ETF investieren, spricht man von Inflows.

Die Summe aller Zu- und Abflüsse in und aus den Bitcoin-ETFs, gemappt gegen den Preis. Quelle: CoinGlass

Die Summe aller Zu- und Abflüsse in und aus den Bitcoin-ETFs, gemappt gegen den Preis. Quelle: CoinGlass

Diese Zuflüsse spiegeln das zunehmende Interesse und Vertrauen in den Kryptomarkt wider, da institutionelle Investoren in der Regel größere, langfristige Positionen einnehmen. Outflows beschreiben den Abzug von Kapital aus einem ETF, wenn Investoren ihre Positionen verkaufen. Dies passiert oft, wenn institutionelle Investoren das Vertrauen in den Markt verlieren oder es Bedenken hinsichtlich der langfristigen Rentabilität von Kryptowährungen gibt. Diese In- und Outflows von ETFs lassen sich oftmals über Seiten wie Coinglass einsehen.

Whale In- und Outflows

Wale sind große, wohlhabende Investoren oder Wallets, die große Mengen an Kryptowährungen halten. Diese Wale können die Märkte erheblich beeinflussen, da ihre Bewegungen oft den Preis einer Kryptowährung stark beeinflussen, vor allem, wenn sie große Mengen auf einmal bewegen. Inflows und Outflows durch Wale sind oft ein Frühindikator für Marktentwicklungen. Diese oft langfristig angebundenen Investoren verstehen das Sentiment und die Marktlage oft besser als kleinere Anleger, sind besser vernetzt und verfügen über – more often than not – Informationen, die der Öffentlichkeit noch vorenthalten sind. Die Bewegungen von Walen sind daher oft ein schlüssiges Signal für die Marktstimmung und können großen Einfluss auf die Preisbewegungen einer Kryptowährung haben.

Fear & Greed Index

Der Fear & Greed Index für Kryptowährungen ist ein Stimmungsindikator, der das allgemeine Marktgefühl von Investoren misst – ob sie eher ängstlich (Fear) oder gierig (Greed) sind. Dieser Index wird verwendet, um die Marktpsychologie zu verstehen und potenzielle Wendepunkte im Markt zu erkennen. Der Index wird basierend auf dem "Sentiment", also der Laune und Marktstimmung, auf Social Media Plattformen wie X (ehem. Twitter) berechnet.

Eine zeitliche Darstellung des Fear & Greed Index über die letzten 2 Jahre. Quelle: CoinMarketCap

Eine zeitliche Darstellung des Fear & Greed Index über die letzten 2 Jahre. Quelle: CoinMarketCap

Einordnung

Der Fear & Greed Index wird auf einer Skala von 0 bis 100 angezeigt:

  • 0 bis 24 (Extreme Fear): Ein Wert im unteren Bereich des Index deutet auf extreme Angst hin. In diesem Zustand sind die Marktteilnehmer vorsichtig, ängstlich und verkaufen möglicherweise aus Panik. Solche Phasen haben historisch oft den Boden einer Korrekturbewegung signalisiert und bieten sich daher - sollte man langfristig von Kryptowährungen überzeugt sein - ideal als Kaufzeitpunkte an.
  • 25 bis 49 (Fear): Hier sind die Anleger eher vorsichtig und besorgt, aber es ist noch nicht die "extreme Angst" erreicht. Der Markt zeigt Anzeichen von Unsicherheit, und Investoren sind weniger bereit, in risikoreiche Vermögenswerte zu investieren.
  • 50 bis 74 (Greed): Wenn der Index in diesem Bereich liegt, spüren die Marktteilnehmer eine große Zuversicht und Optimismus. Die Mehrheit der Investoren erwartet, dass die Preise steigen werden, und sind daher bereit, verstärkt zu kaufen. Diese Phase kann in einem starken Bullenmarkt auftreten, wenn die Preise kontinuierlich steigen.
  • 75 bis 100 (Extreme Greed): Ein Wert im oberen Bereich zeigt extreme Gier an. In diesem Zustand sind die Investoren so zuversichtlich, dass sie dazu neigen, übermäßige Risiken einzugehen, in der Hoffnung, von weiteren Preissteigerungen zu profitieren. Solche Phasen treten oft am Höhepunkt eines Bullenmarkts auf und haben sich in der Vergangenheit - als Gegenstück zur Extreme Fear - ideal als Verkaufszeitpunkt etabliert.

Open Interest

Open Interest (OI) bezieht sich auf die gesamte Anzahl offener Positionen in einem Futures- oder Optionsmarkt. Es handelt sich dabei um die Gesamtzahl der offenen Kauf- oder Verkaufsverträge (Long- oder Short-Positionen), die noch nicht geschlossen, liquidiert oder ausgeglichen wurden. Open Interest gibt also an, wie viel Kapital noch im Optionsmarkt der jeweiligen Kryptowährung gebunden ist.

Open Interest hilft, die Marktstimmung und mögliche Preisbewegungen zu bewerten. Ein Anstieg des Open Interest bei steigenden Preisen deutet auf positive Marktstimmung und steigende Nachfrage hin, während ein sinkendes Open Interest auf Schwäche im Trend hinweisen kann. Umgekehrt zeigt ein Anstieg des Open Interest bei fallenden Preisen, dass mehr Short-Positionen eröffnet werden, was auf negative Marktstimmung hindeutet. Ein sinkendes Open Interest bei fallenden Preisen kann auf eine Marktwende hinweisen, da weniger Positionen gehalten werden.

Funding Rates

Funding Rates beziehen sich auf die Gebühren, die zwischen Long- und Short-Positionen in Futures-Märkten, also Derivaten, die auf die zukünftige Preisentwicklung eines Coins spekulieren – auf Kryptobörsen wie Binance oder Bybit ausgetauscht werden. Diese Gebühren sorgen dafür, dass der Preis von Futures-Kontrakten immer nahe am Preis des zugrunde liegenden Marktes (z.B. Bitcoin oder Ethereum) bleibt.

Eine Darstellung der Bitcoin Funding Rates, gemappt gegen den Preis. Quelle: CryptoQuant

Eine Darstellung der Bitcoin Funding Rates, gemappt gegen den Preis. Quelle: CryptoQuant

Die Funding Rate gleicht dieses Ungleichgewicht aus, indem sie eine periodische Gebühr darstellt, die zwischen den Marktteilnehmern ausgetauscht wird – sie variiert je nach Marktbedingungen und ist entweder positiv oder negativ. Die Funding Rate wird häufig alle 8 Stunden oder einmal täglich gezahlt. Sie berechnet sich als Differenz zwischen dem Preis des Futures-Kontrakts und dem Spotpreis (dem aktuellen Marktpreis der Kryptowährung).

Trendwende-Erkennung über Funding Rates

Wenn die Funding Rate konstant hoch ist, bedeutet dies, dass viele Investoren auf steigende Preise setzen. In solchen Phasen kann es sinnvoll sein, eine Kontrapositionsstrategie in Betracht zu ziehen, indem man auf fallende Preise setzt (Short-Positionen). Es könnte ein Hinweis darauf sein, dass der Markt überkauft und möglicherweise kurz vor einer Korrektur steht. Eine sehr niedrige (negative) Funding Rate könnte darauf hinweisen, dass der Markt pessimistisch ist und viele Short-Positionen eröffnet wurden. In diesem Fall könnte es eine Gegenstrategie (Long-Position) sinnvoll sein, da die Preise aufgrund der hohen Nachfrage nach Short-Kontrakten steigen könnten.

Average True Range (ATR)

Die Average True Range (ATR) ist ein Volatilitätsindikator, der die Preisschwankungen eines Vermögenswerts über einen bestimmten Zeitraum misst. Sie wurde von J. Welles Wilder entwickelt und gibt an, wie viel ein Vermögenswert an einem typischen Tag schwanken kann. Die ATR hilft dabei, die Marktvolatilität zu bewerten und zu erkennen, wie stark der Preis eines Vermögenswerts innerhalb eines bestimmten Zeitraums schwankt.

Wie wird die ATR berechnet?

Die ATR wird über eine bestimmte Anzahl von Perioden berechnet, häufig 14 Tage, und ist der Durchschnitt der True Range (TR) über diese Perioden. Die True Range ist der größte der folgenden drei Werte:

  • Der Unterschied zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Preis des aktuellen Tages (High - Low).
  • Der Unterschied zwischen dem Schlusskurs des vorherigen Tages und dem höchsten Preis des aktuellen Tages ( | Previous Close - High | ).
  • Der Unterschied zwischen dem Schlusskurs des vorherigen Tages und dem niedrigsten Preis des aktuellen Tages ( | Previous Close - Low | ).

Sobald die True Range für jeden Zeitraum berechnet wurde, wird die Average True Range durch den Durchschnitt dieser True Range-Werte über die betrachteten Perioden (häufig 14) ermittelt.

Risikomanagement mithilfe von ATR

Die ATR zeigt an, wie stark der Markt schwankt. Eine hohe ATR bedeutet, dass der Markt sehr volatil ist, während eine niedrige ATR auf eine geringe Volatilität hinweist. Trader nutzen die ATR, um ihre Stop-Loss-Orders zu setzen. Bei volatilen Märkten, die eine hohe ATR aufweisen, setzen sie größere Stop-Loss-Abstände, um nicht zu schnell aus ihrer Position herausgeworfen zu werden.

Fazit und persönliche Meinung

Die Kombination mehrerer KPIs bietet die beste Grundlage für eine fundierte Marktanalyse, sowohl im Krypto-Sektor als auch im Kontext herkömmlicher Finanzmärkte. Das Traden von Kryptowährungen ist, insbesondere bei Altcoins, nicht nur aufgrund der hohen Volatilität und damit dem hohen Liquidationsrisiko sondern auch aufgrund des durchaus existenten Risikos des Totalverlusts hochriskant.

Die aktuell - im Vergleich zu anderen Assetklassen - immer noch geringe Marktkapitalisierung des Krypto-Sektors bietet meiner persönlichen, bescheidenen Meinung nach mehr als genug Spielraum für Gewinne, der eine deutlich risikobehaftetere Investition über Derivate nichtig macht. Nichtsdestotrotz kann es sinnvoll sein, seinen Markteinstieg besonders im Zuge größerer Positionen ideal setzen zu wollen. Die in diesem Kapitel im Detail beobachteten KPIs können die im Vorhinein angestrebte Marktanalyse wunderbar unterstützen.

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