Mieten oder Kaufen? Eine situative Frage

Author

Gianluca Jahn

Stand: 24. Januar 2025

Die Frage, ob es sinnvoller ist, eine Immobilie zu kaufen oder zu mieten, beschäftigt viele Menschen. Beide Optionen haben ihre eigenen Vor- und Nachteile, die individuell abgewogen werden müssen. Während der Kauf einer Immobilie oft als Investition in die eigene Zukunft betrachtet wird, bietet das Mieten eine größere Flexibilität und geringere finanzielle Risiken.

Wir möchten uns zunächst einmal mit den Vor- und Nachteilen beider Optionen auseinandersetzen, um festzustellen, wie situativ sich die Beantwortung dieser Frage verhält. Im Anschluss betrachten wir 3 Beispiele, die verdeutlichen, das beide Optionen für Menschen in unterschiedlichen Lebenslagen ihre Daseinsberechtigung haben.

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Vorteile des Immobilienkaufs

Ein wesentliches Argument für den Kauf einer Immobilie ist, dass die monatlichen Zahlungen in die eigene Tasche fließen, anstatt einen fremden Vermieter zu bereichern. Während Mieter dauerhaft für ihre Wohnung zahlen, ohne jemals Eigentum zu erwerben, baut ein Immobilienkäufer langfristig Vermögen auf. Nach Abzahlung des Kredits gehört ihm die Immobilie, und es fallen keine Mietkosten mehr an.

Ein weiterer Vorteil liegt in der Möglichkeit, das eigene Zuhause nach individuellen Wünschen zu gestalten. Natürlich können auch Mieter ihre Wohnung nach Belieben einrichten, Käufer hingegen können Renovierungen und Umbauten durchführen, ohne die Zustimmung eines Vermieters einholen zu müssen.

Auch bietet der Besitz einer Immobilie eine gewisse Sicherheit, die in späteren Abschnitten des eigenen Lebens von Vorteil sein kann. Insbesondere am Beispiel der aktuellen Rentenproblematik wird klar, dass die ausbleibende Notwendigkeit einer Mietzahlung nach Renteneintritt eine erhebliche, finanzielle Entlastung darstellen kann.

Nicht zuletzt kann der Wert einer Immobilie mit der Zeit steigen, insbesondere in begehrten Lagen. Wer klug investiert, sein Haus gut in Stand hält und eines Tages doch umziehen möchte, kann von einer Wertsteigerung profitieren und sehr wahrscheinlich mit Gewinn verkaufen.

Nachteile des Immobilienkaufs

Dem gegenüber stehen jedoch einige Nachteile. Ein Immobilienkauf bedeutet eine erhebliche finanzielle Verpflichtung über viele Jahre hinweg. Neben den hohen Anfangskosten, wie Eigenkapital und Nebenkosten, fallen laufende Ausgaben für Instandhaltung, Reparaturen und eventuell steigende Zinsen an.

Ein weiterer Nachteil ist die Bindung an einen Standort. Wer eine Immobilie kauft, ist weniger flexibel, wenn es darum geht, den Wohnort zu wechseln – sei es aus beruflichen oder privaten Gründen. Besonders in Zeiten wirtschaftlicher und – so unschön es ist – politischer und kriegswirtschaftlicher Unsicherheit kann diese eingeschränkte Mobilität problematisch sein.

Die Entscheidung, eine Immobilie zu kaufen, stellt hier nicht zuletzt imminent auch eine Entscheidung für ein Investment in besagte Immobilie und – was häufig unterschlagen wird – im Umkehrschluss eine Entscheidung GEGEN ein Investment in andere Assetklassen dar. Monatliche Tilgungsraten für Immobilienkredite liegen in den seltensten Fällen unterhalb von 1.000 Euro pro Monat, tendenziell sogar eher weit darüber, während Mietraten zwar nicht günstig, aber dennoch oftmals niedriger ausfallen. Mehr zu diesem Thema jedoch in einem Absatz zum Ende des Kapitels.

Vorteile des Mietens

Das Mieten einer Wohnung bietet hingegen eine größere Flexibilität. Wer aus beruflichen oder persönlichen Gründen umziehen muss, kann dies in der Regel ohne großen Aufwand tun. Ein Mieter ist nicht an eine Immobilie gebunden und kann sich schneller an veränderte Lebensumstände anpassen.

Zudem sind die finanziellen Risiken geringer. Während Immobilienkäufer für Reparaturen und Renovierungen selbst aufkommen müssen, trägt der Vermieter in der Regel die Kosten für Instandhaltungen. Auch die Aufnahme eines hohen Kredits entfällt, was das finanzielle Risiko erheblich reduziert und, konträr zum Eingang eines Immobilienkredits, Offenheit bezüglich der Investition in andere Assetklassen wahrt.

Nachteile des Mietens

Allerdings bedeutet das Mieten auch, dass das Geld, das monatlich gezahlt wird, nie in den Aufbau von Eigenkapital fließt. Wer ein Leben lang Miete zahlt, hat am Ende keinen materiellen Gegenwert. Zudem können Mieten (begrenzt) steigen, insbesondere in gefragten Wohngegenden, sodass langfristig hohe Kosten entstehen können.

Ein weiteres Problem ist die eingeschränkte Gestaltungsfreiheit. In Mietwohnungen sind größere Veränderungen meist nur mit Zustimmung des Vermieters möglich. Dies kann insbesondere für Menschen, die Wert auf eine sehr individuelle Wohnraumgestaltung legen, ein Nachteil sein.

Offenheit für andere Assetklassen

Wie bereits im Abschnitt bezüglich der Nachteile eines Immobilienkaufs sowie im Abschnitt zu den Vorteilen eines Mietverhältnisses beschrieben, stellt eine Entscheidung für einen Immobilienkredit auch gleichzeitig immer eine Entscheidung gegen das Investment in andere Assetklassen dar.

Wer bspw. 2.000 Euro pro Monat für die Tilgung des eigenen Immobilienkredits zahlt, könnte stattdessen 1.000 Euro anderweitig anlegen, würde er zur Miete für "nur" 1.000 Euro wohnen. Immobilien sind, allgemein gesprochen, keine unsagbar schlechte Anlageklasse und haben sich insbesondere im Verlauf der letzten Jahre gut entwickelt. Nichtsdestotrotz fallen sie jedoch, was die durchschnittliche Wertentwicklung betrifft, weit hinter andere Anlageklassen.

Das durchschnittliche, jährliche Wertwachstum einer Immobilie in Deutschland betrug zwischen 1980 und 2010 lediglich 1–2 %, während der durchschnittliche Wertzuwachs des deutschen Aktienindizes DAX rund 8 % pro Jahr betrug. Hätten wir unser Geld im Jahre 1980 in eine Immobilie investiert, wäre diese 2010 durchschnittlich 81,1 % mehr wert als wir 30 Jahre zuvor noch dafür bezahlt haben. Das klingt nett, bis wir feststellen, dass wir statt 81,1 % dann doch eher 906,3 % Gewinn gemacht hätten, wenn wir unser Geld für 30 Jahre im DAX geparkt hätten.

Ohne parteiisch werden zu wollen: Wer überlegt, sich eine Immobilie aufgrund des etwaigen Wertwachstums zuzulegen, prinzipiell jedoch mittelfristig auch in einer Mietwohnung zufrieden wäre, sollte sich für die Investition seines Ersparten zumindest auch andere Assetklassen angesehen haben, um seine eigene, fundierte Anlageentscheidung treffen zu können.

Fallbeispiele für beide Entscheidungen

Beispiel 1: Eine 4-köpfige Familie

  • 👉 2 kleine Kinder und ein Hund bedeuten viel Bewegung: Ein großer Garten wäre ein Traum für die Familie
  • 👉 Flexible Raumplanung: Eine große Familie hat ihre ganz eigenen Vorstellungen, was Wohnraumplanung angeht.
  • 👉 Stabilität und Sicherheit: Umzüge sind insbesondere für kleine Kinder ein unnötiger Stressfaktor.

Beispiel 1 invalidiert hier nicht die finanzielle Erhabenheit der Investition in Aktien über eine Investition in eine Immobilie. Hannah und Mark stellen jedoch ein glückliches und sorgenfreies Familienleben an erste Stelle. Der Kompromiss eines Hauskaufs steht in ihrem Fall in Übereinstimmung mit ihren persönlichen Präferenzen. Ein Hauskauf macht hier Sinn!

Beispiel 2: Der unentschlossene Single

  • 👉 Kein Bindungswunsch: Jonas ist lediglich für die berufliche Chance nach Düsseldorf gezogen.
  • 👉 Familie: Jonas vermisst seine Familie, die noch in der gemeinsamen Heimat in Niedersachsen lebt.

Jonas ist vielleicht im selben Alter wie Mark und Hannah und könnte sogar ähnlich gut verdienen. Jonas’ private Situation ist jedoch anders, weshalb ein Immobilienkauf sich in seinem Fall – zumindest aktuell – schlicht nicht anbietet. Eine Wohnung anzumieten macht hier Sinn!

Beispiel 3: Die Abenteurerin

  • 👉 Flexibilität: Julia ist in der unüblichen Situation, sich auf dem ersten Blick beide Optionen leisten zu können.
  • 👉 Bloß ein Urlaubstraum: Von regelmäßigen Auszahlungen eines Aktiendepots zu leben ist nicht unüblich – aber risikoreich.
  • 👉 Finanzielle Sicherheit: Ein Hauskauf eliminiert Mietkosten und senkt laufende Fixkosten.

Auch, wenn Immobilien nicht das Non-Plus-Ultra der Anlageklassen ist, können sie eines ziemlich gut: Stabilität und die Entlastung der Fixkosten. In Julias Fall ist es, allein schon, um fortlaufende finanzielle Sorgen ihrerseits zu minimieren, deutlich eher sinnvoll, sich ein Haus zu kaufen.

Fazit

Ob sich der Kauf eines Hauses oder das Mieten einer Immobilie mehr lohnt, hängt von individuellen Faktoren ab. Der Hauskauf bietet langfristige finanzielle Sicherheit und Unabhängigkeit, erfordert aber eine hohe Anfangsinvestition, laufende Instandhaltungskosten und birgt jede Menge Opportunitätskosten.

Mieten hingegen ermöglicht Flexibilität, geringere finanzielle Verpflichtungen und weniger Verantwortung für Reparaturen, birgt jedoch das Risiko steigender Mietpreise, fehlender Vermögensbildung und geringer Individualisierungsfreiheit.

Letztendlich sollte die Entscheidung auf Basis der eigenen finanziellen Situation, Lebensplanung und persönlichen Prioritäten getroffen werden.

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